Meine Weltumrundung

Los Angeles - Hawaii - Australien.

Die Reise

Es wird vergebliches Bemühen sein von einer wunderbaren Reise zu berichten welche mit allen Sinnen erlebt wurde, und dieselbe nun mittels dem Medium des Schreibens wieder zu erwecken, so daß sich dem Leser vor dem geistigen Auge alle die vielen Bilder zeigen, welche wir erfahren konnten.
Und so wie ich jetzt versuche Wort um Wort in die Reihe zu bringen, standen zu Beginn der Reise ebenfalls nur Wörter, hinter denen sich Begriffe verbargen, welche je nach Betrachtungsweise, individuell immer eine andere Bedeutung erhalten werden.
Die Wörter waren; Mount Palomar, Mauna Kea und Ceduna, dem astronomisch weniger bewanderten Leser werden diese nicht viel sagen, und so darf ich sie tauschen gegen drei neue Worte, um nun endlich Klarheit zu bringen.
Kalifornien, Hawaii und Australien, das sind ja alles wunderschöne Länder und sicher immer eine Reise wert, aber für unsere Gruppe steckte hinter diesen Worten doch viel mehr. Um nun diese Wortspielerei zu beenden muß das Rätsel gelüftet werden.
So war der eigentliche Grund dieser Reise, das fünf Meter Hale - Teleskop auf dem Mount Palomar, die Hightech - Teleskope auf dem 4200 m hohen Mauna Kea auf Big Island und nicht zuletzt die totale Sonnenfinsternis in South Australia am 4 Dezember 2002.
Nun möchte ich erzählen von erlebten und von ganz persönlichen Gedanken von einer Geschichte die am 16. November 2002 auf dem Bahnsteig eines kleinen Bahnhofs mit dem Namen Sontheim ihren Anfang nahm. Damit wir, Leser und Schreiber sich näher kommen, wird es höchste Zeit, daß ich mich vorstelle. Mein Name ist Heinz Forth und inzwischen sitze ich mit meinem Sohn Wolfgang im Abteil des Frühzuges nach München. Die weiteren Reiseteilnehmer werden wir am dortigen Franz Josef Strauß - Flughafen kennenlernen.
Für uns ist es immer wieder wichtig, unterwegs zu sein. Reisen heißt Bewegung, Reisen muß man aber auch lernen und Reisen ist letztlich keine Flucht, denn man hat sich ja selbst dabei, mit all seinen Stärken aber auch Schwächen.
Auf Grund der Ereignisse vom 11. September 2001 nehmen die Sicherheitskontrollen erheblich mehr Zeit in Anspruch und selbst ich gewöhne mich ans ständige Stehen in irgend einer Warteschlange.
Die Koffer sind aufgegeben den Boarding Paß in Händen wartet die inzwischen auf sechs Personen erweiterte Gruppe auf ihren Abflug nach London. Dazu gekommen sind nun noch, Frau Hill, Frau Treffer, Herr Aniol und Herr Briechle. Allen gemeinsam ist das Interesse an der Astronomie aber auch an der Fotografie und nicht zuletzt sind alle leidenschaftliche Reisende.
Nachdem ich gerade für zwei Glas schaumloses Bier zehn Euro hingelegt hatte, wanderte mein Blick etwas verstohlen und zum wiederholten male auf die Uhr, um anschließend den Check Jn Schalter der BA ( BRITISH AIRWAYS ) zu fixieren. Doch so oft ich auch schaute, an dem Schalter deutet nichts darauf hin, daß hier in Kürze eingecheckt wird. Irgendwo habe ich mal gelesen, daß der Mensch ein Drittel seines Lebens mit Warten verbringt, die bereits vergangenen zwei Stunden gehören nun auch dazu. Endlich kommt Bewegung in die Sache und immer noch guten Mutes nehmen wir in der Boeing 737 unsere Plätze ein. Schon rollt die Maschine in Richtung Startbahn, wenn jetzt alles gut geht schaffen wir den Anschlußflug nach Los Angeles noch. Doch was ist jetzt, uns stockt der Atem, die Maschine stoppt, und rollt dann in eine Parkbucht um endgültig stehen zu bleiben. Was die tüchtige Crew sofort zur Ausgabe eines vorgezogenen Imbiß veranlaßte.
Würde ich die unendliche Geschichte welche wir in der Folge noch erlebten weiter schildern, käme ich zu keinem Reisebericht mehr. Nur soviel sei noch gesagt, den Anschlußflug erreichten wir natürlich nicht mehr und hatten den ganzen Ärger mit Übernachten, Umbuchen usw. am Hals.
Heute ist der 17.11.02 und wir fliegen mit einer Boeing 747 - 400, die bis auf den letzten Platz besetzt ist, über die Hudson Bay. Soweit der Blick reicht befinden sich 12000 Meter unter uns nur Eis und Schnee, aber in fünf Stunden werden wir bei angenehmen plus 2o Grad in Los Angeles, der Stadt der Engel, landen.
Es fällt mir schwer, aber ich muß ihnen dennoch mitteilen die BA - Story betreffend, daß wir, zwar gut in LA gelandet sind, aber der Großteil unseres Gepäcks leider nicht.

Es ist Abend geworden und der Himmel hat phantastische Farben angelegt, die Gelbschattierungen des Horizonts wechseln hinauf zu zarten Rosa Pastelltönen welche ihrerseits darüber von den Blaustufen bis ins tiefe Schwarz der Nacht reichen. Wir fahren auf dem Highway 405 Richtung Norden in diese kalifornischen Nächte, von denen eine besonders in meiner Erinnerung bleiben wird.

" Das alternde Auge "
Nach etwa drei Stunden Fahrt in Richtung San Diego biegen wir ab auf den 30 km langen " Highway to the Stars " welcher auf den letzten Kilometern steil ansteigt, hinauf zu den Palomar Mountens, die in einem 24 km langen Gipfelplateau in 1800 m Höhe enden.
Superintendant Robert P. Thicksten bereitet unserer Gruppe einen herzlichen Empfang. Persönlich will er die Führung leiten und ehrfurchtsvoll folgen wir ihm durch die Archive, Labors und Werkstätten welche sich unter dem einstmals größten Teleskop der Welt befinden. Als wir dann in die riesige Kuppel treten, die in ihren Ausmaßen dem römischen Phanteon gleicht, stehen wir sprachlos vor der gewaltigen Stahlkonstruktion der Hufeisenmontierung und dem Gittertubus, welcher den fünf Meterspiegel des Hale - Teleskops trägt. In diesem Dom aus 1000 Tonnen Stahl, wo der Blick erst in 42 Höhe endet kommen wir uns doch etwas klein vor, um so größer ist jedoch unser Respekt vor den Menschen die hinter einem solchen Leistung stehen.

Man schrieb das Jahr 1948 als dieses damals größte Fernrohr der Welt feierlich eingeweiht wurde. George Ellery Hale dessen genialer Geist seiner Zeit weit voraus war, , ließ hier seinen Traum vom 200 Zoll Teleskop Wirklichkeit werden. Eine unglaubliche Leistung die fast die Grenzen des machbaren der damaligen Zeit überschritt. Eine Ironie des Schicksals war, daß Hale das fertige Instrument nie sah und bei der Einweihung im Jahre 1948 war er bereits schon viele Jahre Tod.
Mag das " große Auge " wie es früher genannt wurde, inzwischen auch die besten Jahre hinter sich haben, so hat es doch bis heute im Jahre 2002 nichts von seiner Faszination verloren. Doch was wäre dies alles ohne die Menschen, Mount Palomar wird ewig verbunden sein mit Namen wie; Edwin Hubble, Milton Humason, Walter Baade,
um nur einige zu nennen. Hier wurde Astronomiegeschichte geschrieben, hier wurde unser Weltbild mitgeprägt.

Was uns betrifft, so lassen wir uns gerade die frisch gegrillten Original - Palomarburger schmecken und auch die eine oder mehrere Flaschen kalifornischen Weines. Direktor Thicksten hat uns eingeladen im Kreise seiner Familie eine kleine Welcomparty zu feiern. Vielen Dank Mister Thicksten, das war super. Die größte Überraschung aber war, als er erklärte, uns den 1,5 Meter - Spiegel für die kommende Nacht zu überlassen. Das sind dann Momente, wo es selbst einem grantigen Allgäuer, den Vogel raushaut.
Inzwischen hat sich die Nacht über die Gipfelregion gelegt, es ist still geworden. Trotz Vollmond ist der Himmel dunkel, das Seeing gut bis sehr gut. Wir sind in der Kuppel des 60 Zoll Teleskops, das vom amerikanischen Hot Dog Baron, Oscar Mayer gestiftet wurde. Die nächtliche Tour beginnt mit dem Kugelsternhaufen M 15 im Sternbild des Pegasus. Ein weiteres wunderschönes Objekt ist der Ringnebel Nebel M 57 in Sternbild Leier, mit seinem Zentralstern ein toller Anblick. Star dieser Nacht wird aber der Planet Saturn, bei hervorragender Luft, so haben wir ihn noch nie gesehen und selbst alte Hasen kamen bei diesem Anblick ins schwärmen.
Immer wieder gehen wir aus der Kuppel hinaus unter den freien Himmel, es ist auch die Nacht der Leoniden. Trotz aufkommender Kälte sind wir gefangen von der Magie dieses Ortes, wo in der Morgendämmerung die letzten Nachzügler des Meteoritenstromes in der Atmosphäre verglühen. Eine unglaubliche Nacht geht langsam zu Ende und mit der aufgehenden Venus, kündigt sich der neue Morgen an. Vieles dieser Reise wird ins Vergessen geraten, doch diese Nacht wird bleiben. Und während die Sonne ihre ersten wärmenden Strahlen über die Berge sendet verabschiedet sich im Westen hinter der großen Kuppel der Mond.
Willi und ich folgen im wärmenden Morgenlicht den mit Zedern und Eichen gesäumten Weg. Immer noch berührt von den Ereignissen der vergangenen Nacht kommen wir an der mächtigen Kuppel des Hale - Teleskops vorbei; und ich werde das Gefühl nicht los, daß sich jeden Moment die kleine Türe öffnen würde und Edwin Hubble nach einer langen Nacht am Fokus heraustritt, geblendet vom jungen Tag eine Hand vor die Augen hält und mit der anderen am Absatz des gefütterten Stiefels die Tabakspfeife ausklopft, und dann mit einem Lächeln an uns vorüber geht.

" Aloha - Hawaii "
Nach sechs Stunden Flug landen wir auf dem Honolulu - International - Airport, wir sind auf Oahu dem touristischen Zentrum des Hawaiian - Inselarchipels der 1959 zum 50 Bundesstaat der USA wurde.
Oahu ist ein Superlativ, seine Nordküste, ein Dorado für Surfer aus aller Welt. Der Strand von Waikiki gehört zu den schönsten Traumstränden und Pearl Harbor ist die am meisten besuchte Attraktion dieser Insel. Wen wunderts, daß fast 7 Millionen Besucher jährlich, die Hawaii Inseln zu ihrem Traumreiseziel machen. Unsere Zeit war viel zu kurz für alle Schönheiten dieser Insel und so starteten wir am späten Abend des 23.11. 02 zum Weiterflug nach Big Island. Honolulu die Metropole verabschiedet sich mit einem bunten Lichtermeer, doch bald herrscht nur noch tiefe Nacht. Wir fliegen ins Reich der Vulkangöttin Pele auf die Insel Big Island und von hier handelt eine andere Geschichte.

" Mauna Kea "
Wieder sind wir unterwegs mit einem der Mietwagen von Alamo Rental Car, inzwischen haben wir uns gewöhnt an die Chevrolets, Doges oder an die Ford Falcon. Unser "Driver" Wolfgang kommt mit allen bestens zurecht, hat er doch auf den Straßen von LA die Prüfung zum Stuntman bestanden, seine Spezialität, wilde Verfolgungsjagten.

Wir sind auf der berühmt, berüchtigten " Saddle Road " der einzigen Querverbindung auf dieser größten aller Hawaii Inseln. Ausgangsorte für diese mit Schlaglöchern übersäten Route sind die Orte Waimea und Hilo.
Heute ist der 26.11.02 etwa die Hälfte der Strecke liegt hinter uns, wir biegen links ab und folgen der steil ansteigenden Straße, welche auf den 4205 Meter hohen Gipfel des Mauna Kea ( Weißer Berg ) führt. Auf dessen Gipfelregion befindet sich eines der größten Observatorien der Welt. Auf 2835 Meter Höhe erreichen wir das sogenannte Visiter Center, welches von einer Gruppe Amateurastronomen betrieben wird. Mehrere kleinere Instrumente, aber auch ein 16 Zöller stehen bereit, dem interessierten Besucher einen Blick in die Weiten des Alls zu ermöglichen.
Hier treffen wir auch die zweite Reisegruppe, welche unter Leitung von Professor Dr. Hanns Ruder gemeinsamen mit uns, die astronomischen Ziele der Reise ansteuert. Prof. Ruder möchte ich ganz herzlich danken, er hat uns den Besuch dieser Observatorien erst möglich gemacht.
Hier steigen wir auch in die inzwischen eingetroffenen Allrad - Jeeps, sie bringen uns über eine steil ansteigende Schotterpiste in dreißig Minuten hinauf, in eine rostbraune Vulkanlandschaft, der Gipfelregion des Mauna Kea. Man glaubt sich in eine andere Welt versetzt und nur der geringe Sauerstoffgehalt erinnert mit seinen Auswirkungen wie Kopfschmerz, Schwindel und Übelkeit an unser Anhaften am Irdischen. Eine Sonderführung beim Gemini Nord Teleskop mit seinem 8,1 Meter Spiegel zeigt deutlich was modernste Astronomie bedeutet, die Techniker und Wissenschaftler sitzen vor Dutzenden von Computermonitoren, überall Kabel, Elektronik ohne die hier sicher nichts mehr läuft.
Während der 300 klaren Nächte im Jahr, mit extrem trockener Luft, arbeiten Forscher aller Nationen an den inzwischen 12 Teleskopen und versuchen Antworten zu finden auf die ewigen Fragen der Menschheit.

Die untergehende Sonne versinkt in den Wolken und ihre letzten Strahlen tauchen die Szene in magisches Licht. Ein dunkles Rostbraun überzieht die Kegel der umliegenden Vulkane und wie Silberschilde leuchten die Kuppeln der Observatorien Keck 1 und 2. Es fällt schwer, von diesem Schauspiel zu lassen, doch Peter macht mich auf ein anderes aufmerksam für das sich hinter meinem Rücken gerade der Vorhang hebt. Mit Kamera und Stativ laufe ich, so schnell es eben geht, auf die andere Seite des Plateaus und komme gerade noch recht um zu erleben und zu fotografieren, wie der Schattenkegel des Mauna Kea sich auf die weit unter mir liegenden Wolken zeichnet. In solchen Momenten spürt man weder Kälte noch Höhe, wir genießen den Augenblick dieser magischen Stunde nach Sonnenuntergang, dieser Stunde der Farben und des Lichts.
Doch die hereinbrechende Nacht mahnt zum Aufbruch, vor uns liegt noch ein langer Weg.

" Australien "
Ich weiß nicht ob wir einem Traumpfad folgen, im Moment fahren wir jedenfalls auf der A -1 von Adelaide Richtung Westen. Oder folgten wir doch, einem dieser unsichtbaren Pfade der uns von München über London nach Los Angeles und weiter über Honolulu bis Sydny und nun nach Ceduna im Süden Australiens führt.
Ceduna, ein bis vor kurzem noch unbekanntes Städtchen im australischen Outback, jetzt zum Dreh - und Angelpunkt für alle Finsternisfreacks geworden. Seit dem frühen Morgen folgen wir dem endlosen Asphaltband vor uns, immer gerade aus, Stunde um Stunde und Kilometer für Kilometer.
Noch zu Beginn der Fahrt begleitete uns rechter Hand eine flache Hügelkette, die inzwischen abgelöst wurde von abgeernteten endlosen Weizenfeldern. Jetzt begrüßt uns das Land mit der typisch roten Erde, wir sind im Outback angekommen.
Der Weite und der Einsamkeit dieser Landschaft angepaßt, schweigen wir seit Stunden vor uns hin. Ich glaube es war bei Kilometer 577 als Willi, der im Fond des Wagens saß endlich das Schweigen brach, er sagte nur das Wort " Posimistisch " dessen Sinn wir noch im Laufe der Fahrt erfahren sollten. Ich hatte schon vermutet, daß es sich um einem gesellschaftspolitischen Begriff handelt. In kurzen Worten ausgedrückt
bedeutet er: nicht positiv aber auch nicht negativ - nicht rechts aber auch nicht links, nicht ja und nicht nein, und immer ein Türchen offen.
Ja, so ist Australien da werden selbst hartgesottene Allgäuer zu "Philosophen".

Heute ist der 3.12.02 und endlich nähern wir uns Ceduna der ideale Platz zu beobachten der morgigen " Eclipse in the Outback " am 4.Dezember 2002.
Doch je weiter wir uns dem Ort nähern, um so mehr schwinden die Hoffnungen auf einen guten Beobachtungsplatz. Das Zentrum ist für alle Autos gesperrt, Fernsehteams aus aller Welt belagern die besten Plätze und für den kommenden Tag werden noch über 10.000 Besucher erwartet.
Wir brauchen einen Platz, wo Peter mit dem Camper hinfahren kann, er ist zum betreiben seiner Montierung auf die Stromversorgung vom Auto angewiesen. So beginnt nun eine über Stunden dauernde Suche nach einem geeigneten Platz rund um Ceduna. Aber nirgendwo können wir bleiben, Übernachten ist verboten. Es bleibt uns nichts anderes übrig als Ceduna den Rücken zu kehren. So fahren wir nun über 30 Kilometer weiter westlich zum Davenport Creek auf einer Halbinsel gelegen, von größter Wichtigkeit bleibt, daß wir uns nicht zu weit von der Zentrallinie entfernen. Die Straße, welche zu Beginn wenigstes noch aus Schotter bestand ist nun zur Sandpiste geworden. Der Versuch wir näher ans Meer zu kommen, gestaltet sich als sehr schwierig. Zum Glück begegnen wir einem Ranger, der uns einen idealen Standort verspricht, wenn wir ihm folgen. Mit einigen Bedenken, denn besagter hatte schon einige Bier intus, folgen wir ihm auf schmalem Weg hinunter zur Küste. Und tatsächlich, wir gelangen zu einem einsamen, fast auf der Zentrallinie gelegenen Platz und sind begeistert. Oberhalb einer wunderschönen Bucht errichten wir nun das Finsternis - Camp. Im Augenblick weht noch ein kräftiger Wind, Peter baut die Instrumente auf und beginnt mit der Justierung. Die Sonne steht tief über dem Pazifischen Ozean und wird in kürze untergehen. Nach Einbruch der Nacht grüßen alpha und beta Centauri, durch die Fenster unseres Zimmers, das wir drei uns teilen, es besteht aus den vier Sitzen des Ford Falcon, unserem Hotel auf vier Rädern .
Etwas zerknittert aber zusammen mit der aufgehenden Venus verlasse ich die komfortable Unterkunft, heute ist der Tag X, der 4. Dezember 2002. Jetzt muß nur noch das Wetter mitspielen, doch da bin ich zuversichtlich, denn damit habe ich meistens Glück. Obwohl es im Moment nicht danach aussieht, der Himmel ist total mit Wolken verhangen, es ist windig und kalt.
Nach einem eher bescheidenen Frühstück, richten wir den Platz ums Fernrohr her, mit gesammelten Steinen befestigen wir den lockeren Sandboden. Unser einziger Nachbar, ein Australier und seine Holländischen Frau besuchen uns immer wieder, er ist bestens ausgerüstet und sehr hilfsbereit. Inzwischen ist der Himmel klar, was die Stimmung deutlich hebt.
Willi und ich werden unten an der Bucht, direkt am Meer fotografieren. Jetzt heißt es nur noch warten, jeder beschäftigt sich irgendwie, die Gedanken kreisen, der Blick gilt dem Wetter, so weit sind wir gereist, wir schaffen es.

Es ist 18.00 Uhr, noch 1 Stunde vierzig Minuten zum ersten Kontakt. Am Horizont nähern sich Wolken, der Wind hat gedreht. Kurz vor dem ersten Kontakt, die Windrichtung stimmt wieder, auf Sonnenhöhe ist es klar, darunter fordert lockere Bewölkung unsere Nerven. Das wird russisches Roulett, aber noch bin ich zuversichtlich.
Alle sind auf ihrer Position, es ist kurz vor dem zweiten Kontakt, immer mehr Wolken sind am Himmel, noch steht die Sonne hinter einer solchen. Jetzt sollte sie rauskommen, darunter wartet schon die nächste Wolke. Ein letzter Blick auf die Uhr, nur noch Sekunden, komm raus, bitte komme heraus. Es setzt Dämmerung ein, meine Hände tasten nach dem Auslöser der Kamera, dann herrscht schlagartige Dunkelheit, ich drücke ab, alles geht wie mechanisch, mit einem Auge hänge ich am Himmel, ja sieh steht im Wolkenloch. Es ist wunderschön, was für ein Moment in der Zeit. Doch was ist jetzt, ich schrecke auf, es ist wieder hell, das Tageslicht strahlt wieder über der Landschaft. Das war's, ja das waren 30 Sekunden, keine lange Zeit, aber was für 30 Sekunden. Ich schaue zu Willi hinüber, immer noch knien wir beide im Sand, unsere Daumen zeigen nach oben, ja Junge, das war Glück.
Jetzt taucht die immer noch partiell verfinsterte Sonne in ein dickes Wolkenband, wir steigen langsam hinauf zu den Freunden, wo ebenfalls große Freude herrscht. Alle sind glücklich und mit reichlich australischem Rotwein feiern wir das schöne Erlebnis, im Zelt des Australiers lassen den Tag feucht - fröhlich ausklingen.

Heute ist der 5.12.2002 es ist 6.00 Uhr Morgens, nach einem kurzen Frühstück in Peters Camper machen wir uns auf die über 800 Kilometer lange Rückreise nach Adelaid, genug Zeit für ein paar Gedanken.

Was wird bleiben - von Bildern und Augenblicken, von Besonderem und Bedeutungslosem, welches jetzt schon der Vergangenheit gehört.
Bleiben wird mir eine unvergeßliche Nacht auf dem Mount Palomar, der Sonnenuntergang auf dem Mauna Kea, bleiben wird die verfinsterte Sonne an einer einsamen Bucht in Australien. Bleiben werden die toten Känguruhs auf den Highways und bleiben wird der kleine grüne Papagei der am Straßenrand auf seinen toten Partner schaute. Bleiben wird der Gedanke, daß alles so ist, wie es eben ist. Bleiben wird der stumme Blick gequälter Schafe, in Roadtrains gefahren, durch endlose Weite eines Kontinents.
Und so schreiben wir weiter Tag für Tag und Seite für Seite in das Buch das Leben heißt.

Zum Schluß möchte ich danken, Peter Aniol dem Organisator und Reiseleiter, meinem Reisepartnern, Frau Hill für den Höhenflug über Big Island, meinem Sohn Wolfgang der uns sicher durch die Lande fuhr, meiner Frau Renate, die mir sanft zu dieser Reise verholfen hat, Superintendant Robert P. Thicksten und seiner Familie für ihre herzliche Gastfreundschaft auf Mount Palomar, dem Astronomen auf dem Mauna Kea, Professor Dr. Hanns Ruder der uns diesen Besuch ermöglichte und nicht zuletzt dem unbekannten Ranger vom Davenport Creek, der uns den besten Platz zur Finsternis geschenkt hat. Und nicht zuletzt ihnen lieber Leser für die Geduld des Zuhörens, es wurde ein langer Bericht, aber es war ja auch eine weite Reise, einmal um die Welt.

Heinrich Forth